Die EU-Richtlinie zur Regulierung von Funkanlagen, die ab Juni in Kraft tritt (2014/53/EU), gefährdet aus unserer Sicht die Sicherheit von WLAN-Geräten, statt sie zu verbessern. Neue Softwareversionen müssen entsprechend der neuen Richtlinie ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen, bevor sie auf der Hardware installiert werden können. Das können Freie Software-Projekte jedoch kaum gewährleisten, dabei werden viele Sicherheitslücken von freien Entwicklern behoben.
Die folgende Erklärung wurde von Freifunk und der Free Software Foundation Europe (FSFE) initiiert und mittlerweile von vielen weiteren Organisationen unterzeichnet, die damit Ihrem Unmut gegenüber der Richtlinie Ausdruck verleihen.
Gemeinsame Erklärung gegen die Funkabschottungs-Richtlinie
Die EU-Richtlinie für Funkanlagen bedroht die Rechte von Usern und Freier Software, den fairen Wettbewerb, Innovation, die Umwelt und freiwilliges Engagement – das alles, ohne überhaupt große Vorteile für die Sicherheit zu bieten. Viele Organisationen und Unternehmen haben sich nun zusammengeschlossen, um den EU-Institutionen und -Mitgliedsstaaten Maßnahmen vorzuschlagen, wie die negativen Auswirkungen verhindert werden können, ohne das gewünschte Ergebnis der Richtlinie zu verfehlen. Lesen Sie dazu auch unsere Analyse, die wir beständig auf dem aktuellen Stand halten.
Funkabschottung vermeiden – Sicherheit und Innovation erhalten
Mehr und mehr Geräte verbinden sich mittels drahtloser und mobiler Funkverbindungen mit dem Internet. Dazu gehören nicht nur zahllose Endgeräte wie Router, Handys, WLAN-Karten und Laptops, sondern auch die sogenannten “Internet-of-Things”-Geräte. Die “Richtlinie über die Bereitstellung von Funkanlagen 2014/53/EU” (im Weiteren ‚die Richtlinie‘), die im Mai 2014 vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat beschlossen wurde, umfasst aktuelle und künftige Geräte. Hauptzweck der Richtlinie ist die Harmonisierung existierender Richtlinien, die Verbesserung der Sicherheit im Funkspektrum und der Schutz von Gesundheit und vor Gefahren.
Wir unterstützen die generelle Ausrichtung der Richtlinie. Dennoch möchten wir klar unsere Befürchtungen zu den weitreichenden Konsequenzen des Artikel 3.3(i) der Richtlinie zum Ausdruck bringen, welcher von Herstellern verlangt, jede Software für Funkanlagen auf Konformität mit den Bestimmungen der Richtlinie hin zu überprüfen.
Funkabschottung droht
Wir glauben, dass eine solche Regelung negative Folgen für Nutzerrechte und auf Freie Software, den fairen Wettbewerb, Innovation, die Umwelt und freiwilliges Engagement haben wird – größtenteils ohne nennenswerte Vorteile für die Sicherheit zu bringen.
Der Artikel 3.3(i) verlangt von Geräteherstellern, dass sie Software, die auf ihren Geräten installiert werden kann, auf Konformität mit bestehenden nationalen Bestimmungen prüfen. Diese Anforderung verhindert, dass Benutzer und Unternehmen Software auf ihren Geräten selbstständig aktualisieren können, solange sie nicht vom Hersteller überprüft worden ist. Dies bedeutet nicht nur für die Gerätehersteller selbst eine starke Einschränkung, sondern verletzt auch die Rechte der Endbenutzer zur freien Wahl der Software, die sie einsetzen wollen.
Die in Artikel 3.3(i) festgeschriebenen Anforderungen haben Auswirkung auf die Freiheiten der zahlreichen Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf der Bereitstellung alternativer und freier Software für solche Geräte basieren. Alternative Software ist das Fundament vieler Produkte und wir sollten ökonomische Nachteile für diese Unternehmen vermeiden.
Die weitreichende Vorschrift, jede mögliche Software auf Konformität prüfen zu müssen, wirkt sich auch negativ auf Innovation und gemeinnützige, nicht gewinnorientierte Organisationen aus, die auf Alternativen zur von den Geräteherstellern mitgelieferter Software angewiesen sind. Die Bemühungen von Freiwilligenorganisationen, hilfsbedürftigen Menschen Zugang zum Internet bereitzustellen, könnten so zunichte gemacht oder stark eingeschränkt werden.
Des Weiteren begünstigt alternative Software auf drahtlosen Geräten die Nachhaltigkeit. Eine Menge Geräte, für die von den Geräteherstellern keine Aktualisierungen mehr angeboten werden, kann dank freier Software weiter genutzt werden. Alternative Software, die in gemeinschaftlicher Anstrengung entwickelt und verbessert wird (wie etwa Freie Software), hat eine deutlich längere Lebensdauer und trägt dazu bei, dass Benutzer und Kunden funktionierende Ausrüstung nicht entsorgen müssen. Ein weiteres Ergebnis ist die verbesserte Sicherheit für Benutzer, da ältere Hardware weiterhin Sicherheitsupdates erhält, nachdem Hersteller die Unterstützung und Weiterentwicklung bereits eingestellt haben.
Wir begrüßen das Ziel der Richtlinie, die Sicherheit von Funkanlagen zu verbessern, allerdings nicht zu Ungunsten der Balance zwischen Nutzerfreiheiten und Sicherheit in anderen Gebieten. Erstens stärken Softwareupgrades die Sicherheit der Geräte. Zweitens sind wir überzeugt, dass solch strenge Regelungen für typische Endanwender-Produkte mit eingeschränkter Sendeleistung nicht notwendig sind. Drittens glauben wir, dass auch technische Einschränkungen nicht verhindern können, dass Menschen sich vorsätzlich über bestehende Regelungen für Funkanlagen hinwegsetzen.
Unsere Vorschläge
Darum bitten wir die EU-Institutionen und die Mitgliedsstaaten, unsere Anliegen in ihre Überlegungen einzubeziehen und dafür zu sorgen, dass diese Richtlinie keine pauschalen, unnötigen und unverhältnismäßigen Einschränkungen für die Rechte von Kunden und Unternehmern einführt, wenn sie in nationales Recht überführt wird.
Was wir von den EU-Institutionen erwarten
Wir bitten die Europäische Kommision, delegierte Rechtsakte – zu denen sie vom Europäischen Parlament und dem Rat (Artikel 44) befugt sind – so anzupassen, dass sie
- entweder: alle Freie Software von der Regelung ausnehmen, die von Dritten (Unternehmen oder Einzelpersonen) – also nicht von den Herstellern der Funkanlage selbst – entwickelt wurde
- oder: die Verantwortlichkeit für die Regelkonformität der Software nicht von den Nutzern auf die Hersteller zu übertragen, wenn Nutzer Änderungen an der Standardkonfiguration ihrer Geräte vornehmen wollen. Software und Hardware sollten in dieser Hinsicht nicht unterschiedlich behandelt werden.
Was wir von den EU-Mitgliedsstaaten erwarten
Wir bitten die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten darum,
- die Bestimmungen der Richtlinie so auszulegen, dass Freie Software gleichermaßen weiterhin auf Geräten mit Funkanlagen installiert werden kann, als auch Benutzerrechte zu wahren. Wie im Erwägungsgrund (19) dargelegt sollen Drittanbieter, z.B. Freie Softwareprojekte nicht benachteiligt werden.
- sicherzustellen, dass mittelständische Hersteller nicht überproportional belastet werden, indem sie gezwungen werden jegliche, auch alternative, Software zu überprüfen.
- sicherzustellen, dass Benutzer nicht gezwungen werden, nicht-freie Software zu installieren.
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